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West-Nil-Fieber im Überblick

Erreger und Vorkommen

West-Nil-Virus (WNV), Einteilung in die WNV-Subtypen 1 und 2, Genus Flavivirus, Familie der Flaviviridae. WNV gehört zu den am weitesten verbreiteten Flaviviren. West-Nil-Fieber ist eine in verschiedenen Regionen der Welt endemisch vorkommende Zoonose. Alle Erdteile sind betroffen, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß.

Aus den Tropen gelangte das Virus durch Zugvögel auch in Gebiete am Mittelmeer und Europa. In Südeuropa wird es seit langem saisonal im Sommer übertragen und kann auch vor Ort überwintern. Häufig betroffen sind Italien, Griechenland, Frankreich und weite Teile des Balkans, weiter nördlich auch Teile von Rumänien, Tschechien, Ungarn, der Slowakei, Österreich. Auch die Türkei ist betroffen. Eine Übersicht über Gebiete mit WNV-Zirkulation in der aktuellen und in vergangenen Saisons stellt das ECDC zur Verfügung. Nachdem 2018 in Deutschland erstmals eine Zirkulation von WNV bei Vögeln und Pferden registriert wurde, wurden seit 2019 auch in Deutschland durch Mücken übertragene Erkrankungsfälle beim Menschen registriert (s.u.).

Infektionswege

Hauptsächlich wird das Virus von Stechmücken zwischen wildlebenden Vögeln übertragen. An Vögeln infizierte Mücken können das Virus aber auch auf Menschen und andere Säugetiere (v.a. Pferde) übertragen. Vektoren sind verschiedene Stechmücken, die deutschlandweit verbreiteten Culex-Mücken gelten als Hauptvektoren. Im Gegensatz zu Vögeln (Amplifikationswirte) sind Menschen und Pferde Fehlwirte, mit nur niedriggradiger Virämie, und somit selbst keine Virusquelle für Mücken. Häufig dienen Häufungen toter Vögel und erkrankte Pferde als Auslöser dafür, die Fallsuche auch auf Menschen auszudehnen.

Ausbrüche stehen erfahrungsgemäß im engen Zusammenhang mit günstigen Bedingungen für die Vektoren. Die für Stechmücken günstige Saison ist je nach lokalem Klima und kurzfristigen Wetterschwankungen unterschiedlich lang. In Deutschland handelt es sich dabei vor allem um den Spätsommer, bei anhaltend warmem Wetter auch der Frühherbst. In Südeuropa werden Übertragungen häufig bis in den November beobachtet.

Als weitere Übertragungswege wurden bekannt: Übertragung durch Organtransplantation, durch Bluttransfusionen sowie während der Schwangerschaft.

Situation in Deutschland

In Monitoring-Programmen untersuchen das Bernhard-Nocht-Institut (BNI) und das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) gemeinsam mit Veterinärbehörden schon seit längerem Wildvögel und Stechmücken auf WNV. Seit 2018 wurden in den Sommermonaten – während der Mückensaison – WNV-Funde (Subtyp 2) bei Vögeln und Pferden berichtet, überwiegend in Ostdeutschland. Eine Übersicht der Funde bei Tieren ist im TierSeuchenInformationsSystem (TSIS) (https://tsis.fli.de/) zu finden.

Im Spätsommer 2019 wurden erste in Deutschland durch Mücken übertragene Infektionen von West-Nil-Fieber in Ostdeutschland bekannt (insgesamt 5 Infektionen). Auch in den darauffolgenden Jahren wurden in den Sommer- und Herbstmonaten Infektionen in Ostdeutschland (Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen) berichtet (2020: 22 Infektionen; 2021: 4 Infektionen; 2022: 17 Infektionen, 2023: 7 Infektionen). Da nur ein kleiner Teil der Infizierten Symptome zeigt und nur etwa einer von 100 Infizierten schwer erkrankt, ist davon auszugehen, dass es weitere nicht-diagnostizierte Infektionen gab.

Das Vorkommen von WNV-Erkrankungsfällen über mehrere Jahre zeigt an, dass WNV auch in Deutschland überwintert und im Sommer ausreichend günstige klimatische Bedingungen vorfindet. Es ist damit zu rechnen, dass sich WNV in Deutschland weiter etabliert und es in den kommenden Jahren insbesondere in den schon bestehenden Gebieten, aber vielleicht auch in weiteren Gebieten, zu einem saisonalen Vorkommen von WNV-Erkrankungsfällen kommen wird.

Unabhängig von den Erkrankungsfällen, die die Infektion in Deutschland erworben haben, werden in Deutschland immer wieder einzelne Fälle bei Reisenden aus von West-Nil-Fieber betroffenen Regionen registriert.

Expositionsprophylaxe in Endemiegebieten

Besonders Personen, die aufgrund hohen Alters oder Immunschwäche ein erhöhtes Risiko haben durch eine WNV-Infektion schwer zu erkranken, können das Risiko durch Schutz vor Mückenstichen reduzieren. Dazu gehört an Orten mit bekannter Mückenbelastung das Tragen von langärmeligen Hemden/Blusen und langen Hosen, am Abend der Aufenthalt in geschlossenen oder klimatisierten Räumen, die Anwendung von Repellents und Insektiziden, der Gebrauch von Moskitonetzen und Fenstergittern. Im Wohnumfeld sollten Mückenbrutplätze möglichst beseitigt werden. Ein Impfstoff ist bislang nicht verfügbar.

Klinischer Verlauf und Therapie

Die Infektionen verlaufen überwiegend klinisch unauffällig. Etwa 20% der Infizierten entwickeln eine fieberhafte, grippeähnliche Erkrankung, die etwa 3–6 Tage andauert. Die Inkubationszeit beträgt 2–14 Tage. Der Krankheitsbeginn ist abrupt mit Fieber (teilweise biphasisch), Schüttelfrost, Kopf- und Rückenschmerzen, Abgeschlagenheit und Lymphknotenschwellungen. Bei etwa 50% dieser Erkrankten findet man ein blasses, makulopapulöses Exanthem, das sich vom Stamm zum Kopf und zu den Gliedmaßen ausbreitet. Nur etwa jede 100. infizierte Person erkrankt schwer an einer neuroinvasiven Form der Erkrankung. Bei einem Teil dieser Patienten tritt eine zumeist gutartige Meningitis auf. In seltenen Fällen entwickelt sich eine Enzephalitis. Mögliche Symptome sind dann mentale Veränderungen, Muskelschwäche, schlaffe Lähmungen, Ataxie, extrapyramidale Symptome, Optikusneuritis und Veränderungen der anderen Hirnnerven, Polyradikulitis und epileptische Anfälle. Selten wurden Entzündungen des Herzens oder der Leber beobachtet. Das West-Nil-Fieber heilt in der Regel komplikationslos aus, bei Enzephalitis-Patienten sind Spätfolgen jedoch relativ häufig (etwa 50%). Ca. 5–10% der Patienten mit einer neuroinvasiven West-Nil-Erkrankung sterben, vor allem Ältere und Patienten mit einer kardiovaskulären Vorerkrankung oder einer Immunsuppression.

West-Nil-Fieber wird symptomatisch behandelt. Es gibt keine spezifische antivirale Therapie.

Diagnostik

Neben entsprechend erkrankten Reiserückkehrern aus Regionen mit WNV-Übertragung sollten Ärzte im WNV-betroffenen Regionen Personen mit ätiologisch unklaren Enzephalitiden auf WNV untersuchen lassen. Ebenso ist eine WNV-Untersuchung angezeigt bei gehäuft auftretenden Fällen von unklarem Fieber mit oder ohne Hautausschlägen.

Bei Verdacht auf West-Nil-Fieber sollte die Labordiagnostik nach Möglichkeit ein Speziallaboratorium übernehmen. In den ersten Tagen nach Symptombeginn kann virale RNA vor allem durch RT-PCR nachgewiesen werden (in Vollblut, Serum oder Liquor). Danach ist der Nachweis von Antikörpern in Serum- bzw. Liquorproben durch West-Nil-Virus-ELISA (Nachweis von IgM und IgG) sinnvoll. Aufgrund des möglichen lang andauernden Vorhandenseins von IgM-Antikörpern wird für eine abschließende Diagnose die Untersuchung von Verlaufsproben empfohlen, um die Serokonversion oder einen vierfachen Anstieg des spezifischen Antikörpertiters zu bestätigen.

Es muss beachtet werden, dass andere Flavivirusinfektionen oder Impfungen (FSME, Gelbfieber, Dengue, Japanische Enzephalitis, Usutu u.a.) zu Kreuzreaktionen im ELISA führen können. Zur Bestätigung, dass es sich wirklich um eine Infektion mit West-Nil-Virus handelt, kann der Serologiebefund durch einen hoch-spezifischen Plaque-Reduktions-Neutralisationstest (PRNT) bestätigt werden. Alternativ oder zusätzlich ist es zum Teil noch mehrere Wochen nach Infektion möglich, den Nachweis von West-Nil-Virus-Nukleinsäure durch RT-PCR oder Next-Generation-Sequencing (NGS) in Vollblut oder Urin zu führen.

Differentialdiagnostisch kommen bei Enzephalitis-Symptomen andere virale und bakterielle Meningoenzephalitis-Erreger in Frage.

Meldepflicht

Es besteht nach §7, Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) eine Meldepflicht für den direkten oder indirekten Erregernachweis (Arbovirus-Erkrankungen).

Sicherheit von Blutprodukten

WNV kann auch durch nicht virusinaktivierte Blutprodukte übertragen werden und zum Teil schwerwiegende Erkrankungen auslösen. Die EU-Direktive 2004/33/EG sieht vor, dass potenzielle Blutspender 28 Tage nach Verlassen eines Gebiets mit fortlaufender Transmission des WNV auf Menschen von der Spende zurückgestellt oder auf WNV-RNA untersucht werden, wenn aus den Spenden Blutprodukte hergestellt werden, die keinem Verfahren zur Virusinaktivierung unterzogen werden. Dies gilt auch für entsprechende Gebiete in Deutschland. Das Paul-Ehrlich-Institut als zuständige Bundesoberbehörde wird fortlaufend zu neuen Erkenntnissen über die Situation in Deutschland informiert und hat ab 2020 die Rückstellung von Spendewilligen bzw. die Testung auf WNV-RNA zwischen dem 1. Juni und dem 30. November ab 2020 angeordnet. WNV-Infektionen bei Blut spendenden Personen sind sowohl nach Infektionsschutzgesetz als auch nach § 22 Transfusionsgesetz an das RKI meldepflichtig.

Stand: 12.12.2023

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